The Voice Of Bali

Sie singen schon, bevor Alkohol ins Spiel kommt. Die Australierin, der Indonesier und die Deutsche. Einer sagt was, erzählt irgendwas, ein anderer schnappt ein Wort des Erzählten auf, fühlt sich dabei an ein Lied erinnert, stimmt das an und die anderen beiden stimmen ein.

Dann sagt die Australierin, sie habe Drambuie dabei. Die Deutsche wird hellhörig, denkt an lustige Nächte auf den Malediven und nimmt die Einladung, ein Gläschen mitzutrinken, sofort an. Der Indonesier kennt Drambuie nicht, glaubt der Deutschen aber, die ihn hingegen ganz gut kennt, und versichert, dass er es lieben werde, dieses Getränk. Die Literflasche wird geholt, Eiswürfel klappern in Gläser, in denen ansonsten Desserts serviert werden, und die Deutsche warnt, sie wolle nicht so viel haben von dem honigfarbenen Whiskeygesöff, während sie selbst eingießt. „You never can have too much Drambuie, my dear!“, antwortet die Australierin, die so viel älter aussieht, als sie ist und vermutlich schon unzählige Drambuie in Gläser gegossen und aus ihnen verschwinden gesehen hat, und noch vermutlicher waren es meist ihre eigenen Gläser. Sie lacht dabei und hustet wie ein Kohlearbeiter.

Die Deutsche bleibt bei einem Hauch Drambuie, der ihr wohligwarmen Schwindel ins Gehirn schiebt, obwohl sie ihn irgendwann mit Wasser panscht, und singt weiter mit dem Indonesier, der wie vorhergesagt begeistert ist und außerdem eine wandelnde Jukebox. Er kennt jeden Songtext. Und überhaupt jeden Song. Also singt man, dichtet um und lacht viel. Man müsse „The Voice Of Bali“ erfinden, meint die Australierin und will die Deutsche mit dem Indonesier ins Rennen schicken, aber die meinen, dass sie ja schon „The Voice Of Bali“ seien und das Ganze damit überflüssig werde.

Es sind Abende wie dieser, bei denen Menschen zusammensitzen, die sich woanders nie begegnet wären, die das Leben in der Ferne so besonders und trotz Alltags unalltäglich machen. Zwar übertreibt die Australiern am nächsten Morgen, als sie sich für den „besten Abend seit Jahren“ bedankt – es sei denn, sie übertreibt nicht und es war wirklich ihr bester, was dann wiederum ziemlich traurig wäre –, aber es sind besondere Momente.

Der Deutschen Lieblingssong des Abends ist übrigens ihre auf den Job der Australierin umgedichtete Lionel-Richie-Schmonzette: „Hello! Is it me you’re cooking for?“