Warum der Oman mein persönliches Goa ist

„Also danach, da will ich unbedingt nach Goa“, sagt der sonnenblondierte Schwabe, nennen wir ihn Jonas, und guckt erwartungsvoll von oben auf mich herab. Ich sitze auf einer Bank auf dem Tauchboot, er steht mit halb heruntergezogenem Tauchanzug vor mir und scheint mit Beifall zu rechnen. „Party machen, was rauchen und so“, erklärt Jonas lässig, wie er sich das Danach vorstellt, und vermutlich vorsorglich, falls ich noch nie von Goa gehört haben sollte. „Aha“, sage ich und breche innerlich zusammen. Auf so eine mütterlich-belustigte Art, nicht überheblich, sondern neutral-amüsiert. Dieser Jonas! Will nach Goa, ist aber irgendwie im Oman gelandet. Kein Alkohol, keine Drogen, keine Party. Herzlichen Glückwunsch zu dieser Ortswahl.

Jonas scheint zu merken, dass Wunsch und Wirklichkeit auseinanderklaffen. „Also nicht, dass Du da jetzt voll den falschen Eindruck hast“, sagt er schnell und guckt wieder so erwartungsvoll, als könnte ich ihn mal kurz nach Goa zaubern. Kann ich nicht, kleiner Jonas. Und wirklich Beistand zu leisten, ist angesichts einer derart fulminanten Zielfehlplanung auch nicht drin.

Qantab Beach. Foto: cku

Qantab Beach im Jahr 2011. Inzwischen wird dort leider eine Hotelanlage gebaut. Foto: cku

„Ich mag den Oman“, sage ich. Nicht neutral, sondern von Herzen. Jonas guckt. Denkt.   Denkt so offensichtlich, dass in seinem Gesicht zu lesen ist, dass er sich zwar darüber wundert, er den Oman aber ebenfalls mögen möchte, weil ihm dieses Land ja nichts getan hat, außer, dass es sich äußerst sperrig zeigt, was Alkohol, Drogen und Party angeht. So richtig doll von Herzen würde er den Oman auch gerne mögen und diese Wüstefelsenmeerdestination nicht nur als Umweg nach Indien betrachten. Jonas will wissen, wie lange ich im Oman gelebt habe, weil er zu hoffen scheint, dass der Oman vielleicht doch noch ein bisschen wie Goa wird, wenn er nur lang genug wartet. Und ist begeistert, als sich die Parallelen zeigen. Sechs Monate, sogar die gleichen sechs. Mit demselben Ziel: Divemaster werden. Jonas strahlt und ruft so etwas wie „Ich auch!“ oder „Genau wie ich!“, wenn er Gemeinsamkeiten in unseren Oman-Lebensläufen erkennt. Die nicht sonderlich schwierig zu finden sind, weil ich sie ja aufzähle.

Allerdings gibt es einen frappanten Unterschied: Der Oman war mein Goa. Ich wollte da hin. Ohne Party, ohne Alkohol, ohne Drogen sowieso. In diesen paar Stunden auf dem Tauchboot, in denen Jonas seine ersten Briefings hält und mir ein wenig verschämt unter Aufsicht seines Instructors Tauchplätze erklärt, von denen er weiß, dass ich sie viel besser kenne als er selbst, will ich Jonas den Oman nicht schönreden. Liebe kann man nicht erzwingen. Wer Techno will, langweilt sich bei Chopin.

Aber ich kann Jonas sagen, warum es mir im Oman so gut gefallen hat. Dass ich mich lange nicht getraut habe, wiederzukommen, nur weil ich Angst hatte, es könnte dann nicht mehr so toll sein wie beim ersten Mal (Trugschluss). Dass ich das Land mag. Dass ich die Bewohner mag. Dass ich dort großartige Freunde gefunden habe. Dass ich mich nirgendwo auf der Welt jemals so sicher gefühlt habe wie im Oman.

Träum weiter von Goa, Jonas. Ich bin schon da.