In der Pseudoephedrin-Wattewelt

Parasetamol (schreibt man hier so) ist in einer gepimpten Version in jedem Supermarkt, also in den Bretterbuden links und rechts des Straßenrandes, erhältlich: Gegen Flu (Schnupfen) und Baktu (Husten), freundlicherweise rezeptfrei aufgemotzt mit Pseudoephedrin, jenem Stoff, der in Deutschland in Aspirin Complex steckt und ordentlich aufputscht, wenn man ganz matschig im Kopf ist von Husten, Schnupfen, Unwohlsein. Das weiß ich deshalb, weil ich mir derzeit die Tage mit Pseudoephedrin überstehbar bastele. Eine Erkältung erwischte mich aus dem Nichts, aber Dank des Kokain-Ersatzstoffs, als der Pseudoephedrin ja gilt, ist das ganze Kränklichsein balinesisch problemfrei machbar.

Und so saß ich selig in meinem imaginären Ephedrin-Wattebäuschchen, als das Telefon klingelte. Man habe da ein kleines Problem, das Boot sei, nun ja, irgendwie komisch und äußerst langsam geworden. Kapal rusak – das Boot ist kaputt. Die Taucher kämen dann wohl erst zwei Stunden später als erwartet zurück und damit quasi erst zum Abendessen.

Kurzerhand erstellter Bali-Plan: Den nächsten Strand anfahren, Taucher aussteigen lassen und sie mit dem Auto abholen. Also setzte ich mich hinters Steuer, sammelte auf dem Weg den hauseigenen Allesreparierer ein, und gemeinsam machten wir uns bei sehr jammernder indonesischer Musik aus dem Autoradio auf in Richtung überübernächster Bucht. Der Allesreparierer, der selbst aufgerissene Ölwannen mal eben flickt, kann zwar kaum Englisch, dafür aber sehr schnell begeistert sein. Und so saß er auf dem Beifahrersitz, reckte beide Daumen nach oben und rief: „Ibu Corinna professional driver. Mantap!“ Mantap heißt super, und ich war kurz versucht, mich ob dieses Kompliments zu freuen, als mir in meinem Parasetamol-Kopf klar wurde, dass das ausgerechnet jener Mensch gesagt hatte, bei dem man seine Krankenversicherung anrufen sollte, bevor man zu ihm ins Auto steigt. Er fährt wie eine gesengte Sau.

Außer meiner Nase tropft gerade der Regen ziemlich stark. Niesend sitze ich also unter einem Vordach fest, weil kein Schirm in Griffweite ist und ich ohne schon nach drei Metern vollkommen durchnässt wäre, gucke aufs nebelige Meer, habe das Plätschern als Geräuschkulisse und hätte jetzt gerne Tempeh manis griffbereit – fermentierte Sojabohnen, geröstet, vermischt mit ebenfalls gerösteten Erdnüssen, und das Gemenge dann leicht scharf mit einer gewissen Süße. Trotz des Tempeh-manis-Mankos und der Erkältung ist das Ganze jetzt gerade, also genau in diesem Moment, dessen Fragilität mir bewusst ist, wirklich sehr okay für mich.

Ich sollte immer Pseudoephedrin zu mir nehmen.