Heimat to go

Ich bin an komplett ironiefreie Menschen geraten. Und es sind keine Indonesier, sondern Lehrer. Das ist ja ein bisschen wie eine Nationalität. Man sitzt gemeinsam beim Abendessen, als die Frage nach meiner Zukunftsplanung aufkommt. Von wegen Rente, Versorgung im Alter, das ganz große Ding der finanziellen Absicherung. „Och“, sage ich, wie ich gerne mal „Och“ sage. „Ich wollte eigentlich reich heiraten.“ Stille. Ungläubiges Anstarren. „Vielleicht reise ich nach Dubai und gucke mich da mal um.“ Das Schweigen wird lauter. „Reich heiraten wollen ja viele“, traut sich dann eine ironiefreie Person, nennen wir sie an dieser Stelle Person Nummer eins, zu sagen. „Dubai!“, sagt sie dann noch, und sie sagt es mit einer Mischung aus Entsetzen und Angst. „Die Araber sind ja nicht die einfachsten Menschen.“

Ich denke „Oha“, wie ich gerne mal „Oha“ denke, und fürchte, dass die Konversation in eine merkwürdige Richtung gleitet. „Sie haben aber Geld“, sage ich und hoffe, dass da keinerlei Rassismus unterschwelligst zu finden ist. Sicherheitshalber zwinkere ich dabei noch. Ironiefreie Person Nummer zwei starrt mich weiterhin an. Das Zwinkern scheint sie für nervöses Zucken zu halten. „Du hast ja Ideen“, sagt sie und wiederholt meinen Plan: „Reich heiraten. In Dubai!“ Zu diesem Zeitpunkt überlege ich, ob nicht vielleicht ich es bin, die einfach keine Ironie versteht und von den beiden gerade humoresk übertrumpft werde. Nö.

„Du hast ja sicher was zu erzählen, was Du alles erlebst. Da musst Du ein Buch schreiben“, sagt die ironiefreie Person Nummer zwei und starrt mich, die ja nun offenbar bald auf Bräutigamschau nach Dubai zu fliegen gedenkt, immer noch an. „Vielleicht wirst Du ja Zweit- oder Drittfrau.“ Ich nicke begeistert und zwinkere weiter. „Das wäre doch prima, dann bin ich fein raus!“ Das Duo Withoutirony stochert im Essen herum und guckt betreten. „Wie kann man nur“, rufen ihre Blicke, doch ihre Münder sagen nichts.

Zu gerne hätte ich an dieser Stelle noch eingeworfen, dass ich eigentlich viel lieber eine Karriere als Spielerfrau gehabt hätte, mich inzwischen aber für zu alt halte, um auf dem hart umkämpften Markt der Spielerfrauen bestehen zu können. Aber ich fürchte, das wäre wirklich zu viel gewesen für die beiden.

Was für eine Aussicht. Foto: cku

Was für eine Aussicht. Foto: cku

Und noch was anderes: Beim Ausmisten bin ich auf Düsseldorf in der Streichholzschachtel gestoßen. Mitgebracht aus Deutschland, ein Überbleibsel einer Lokaljournalismusstory. Heimat to go. Düsseldorf unter Palmen. So viele Überschriften!

Eine Stadt unter Palmen. Foto: cku

Eine Stadt unter Palmen. Foto: cku

Übrigens habe ich mit meiner alten, viel zu großen Regenjacke, die ich immer über der Winterjacke an der Nordsee getragen habe, jemanden sehr glücklich gemacht. Ich fragte, ob sie die Jacke haben wolle. Sie sagte schüchtern „Ja.“ Und dann: „Ich habe keine Regenjacke.“ Man muss wissen: Es schüttet hier gelegentlich. Schüttet. Richtig. Und dann hat sie keine Regenjacke. Sie strahlte, als ich ihr die Jacke gab. Legte sie aber weg, um nicht zu viel Aufhebens darum zu machen. Als ich wenig später wieder ins Zimmer kam, unerwartet, sah ich, wie sie die Jacke anprobierte, über die Ärmel strich und lächelte. Schön.