Da stehen wir also, der Visumsbeamte und ich. Wobei nur ich stehe, er sitzt und starrt dabei auf seinen Computermonitor. „Sagen Sie“, frage ich höflich und tue dabei unbeteiligt, als interessiere mich die Antwort auf meine Frage eigentlich gar nicht, „glauben Sie, dass das Visum rechtzeitig ankommt?“ Er guckt nicht mal hoch. „Das weiß ich nicht, das müssen Sie die Post fragen.“ Es ist vermutlich derselbe Herr, der mir gestern am Telefon erklärte, als ich beherrscht panisch nach der allgemeinen Visumserteilungsdauer fragte: „Schnell geht es nur bei McDonald’s.“
Ich bin diesem Mann gerade dummerweise ein wenig ausgeliefert. Er muss dafür sorgen, dass das Visum in meinen Pass geklebt wird. Sonst habe ich das Problem, nicht er. Durch das kleine Fenster reicht er mir einen rosafarbenen Zettel. „Am 13. wird es verschickt“, sagt er und zeigt auf das Datum, das da auf dem Zettel neben meinem Namen steht, der kleingeschrieben ist. Das ist schlecht, nicht wegen des fehlenden Initials am Vornamen, mit solchen Kinkerlitzchen halte ich mich nach drei Stunden Autofahrt vor Sonnenaufgang gar nicht auf. Der 13. ist schlecht. Am 14. geht nämlich morgens der Flieger, und so sehr ich gerne auf die Post vertrauen würde – ähm, nein. Also sage ich das, was ich denke, wenn auch etwas freundlicher: „Ich fliege aber schon am 14.“ Der Mann zuckt mit den Schultern; eher unbeteiligt als uninteressiert. „Dann müssen Sie es abholen“, schlägt er vor.
Angesichts dieser Kooperationsbereitschaft bin ich begeistert, aber zum Glück nicht zu sehr, um allzu vernebelt zu sein. „Sie haben aber den Rückumschlag in der Mappe“, sage ich. Man muss einen an sich selbst adressierten Umschlag abgeben, frankiert natürlich, damit das Visum dann zugeschickt werden kann. Der Mann hält die Sache mit dem Umschlag in der Mappe der zu bearbeitenden Visumsunterlagen nicht für ein Problem. Ich aber schon. „Wenn der Umschlag mit da drin ist, wie kann ich dann sicher sein, dass am 13. nicht der Visum rausgeschickt wird?“ Der Mann zuckt wieder mit den Schultern. Ein bisschen Gelassenheit ist ja super fürs Leben und fürs Herz und so. Mich macht das aber gerade nervös. „Ja, das ist schlecht“, sagt der Mann. Und guckt. Dann holt er den Umschlag raus und gibt ihn mir zurück. Ich ziehe ihn schnell über den Tresen, nicht, dass er es sich anders überlegt und sich daran erinnert, dass zu einem ordentlichen Visumsvorgang ein vorschriftlich eingereichter Rückumschlag gehört. „Und ich kann das Visum auch wirklich abholen?“, frage ich. Dieses Mal zuckt er nicht mit den Schultern. Er nickt! Das macht mich jetzt wirklich nervös, irgendwie.