Fahren wie in der First Class

Da das Meer nicht mit mir spricht, habe ich es mit der Straße versucht. Denpasar, vier Stunden hin, zwei Stunden rumfahren, vier Stunden zurück. Es ging zum Tauchshop wegen einer Flossen-Reklamation, zum Flughafen und zur Apotheke. Da lohnen sich zehn Stuben Fahrt doch richtig.

Jedenfalls habe ich die beste aller Beifahrerpositionen entdeckt: liegend. Dank nicht-existenter balinesischer Straßenverkehrsordnung ist das auch problemlos machbar. Den Sitz also komplett nach hinten geklappt, den schrägen Teil des Anschnallgurtes, den der gemeine Balinese ohnehin nur für eine Dekoration hält, quasi frei in der Luft hängend, da ich dahinter abgetaucht (ha!) bin, und den Bauchgurt am Bauch platziert. Die Füße dann wahlweise auf dem Armaturenbrett oder im Fußraum. Sonnenbrille auf, Kapuzenjacke an, iPod-Stöpsel in den Ohren. Komfortabler kann das in der First Class beim Fliegen auch nicht sein.

Guter Nebeneffekt dieser Lage: Man sieht nicht, was der Fahrer macht. In den Gegenverkehr brettern zum Beispiel. Oder nicht macht. Bremsen etwa. Man sieht nur, je nachdem, wie weit man die Kapuze ins Gesicht zieht, ein bisschen Himmel durch die Frontscheibe und gelegentlich vorbeirasende Palmenkronen oder, wenn der Fahrer mal wieder viel zu dicht auffährt, den oberen Teil eines Lastwagens. Vorgesehen haben die Sicherheitsgurtkonstrukteure das Liegen während der Fahrt natürlich nicht, und so fragte ich mich bei einem Bremsmanöver, bei dem ich auf dem Kunstledersitz nach vorne rutschte, wie im Zweifel des Frontalaufpralls wohl mein Ende aussehen würde: Durchrutschend und vom Bauchgurt, der dann das Kinn erfasst, stranguliert, während die Beine wahlweise durch die Frontscheibe sausen (und die Scherben die Arterien zerschneiden) oder in den Fußraum und von da gen Motorblock krachen und brechen? Wie dem auch sei: Die Lage ist ungemein gemütlich.

Hätte ich sie schon für die Hinfahrt entdeckt, wäre ich deutlich erholter in Denpasar angekommen. Und vermutlich wurde mit nur nur aufgrund dieses Versäumnisses dann beim Einkaufen in der Apotheke die folgende aufmerksam-sorgenvolle Frage gestellt: „Wollen Sie nicht auch noch Vitamine kaufen?“

Die Straße sprach übrigens auch nicht mit mir. Sorgte aber für Abstand und Lagerkollerabwendung.