Ablasshandel mit Ameisen

Nach dem Oman kann man mich mit Skorpionen nicht mehr vor die Tür locken. Und auch sonst ist es von Vorteil, recht unerschrocken zu sein, was Viehzeug betrifft. Kakerlaken im Zimmer? Ach, bitte, wo ist da das Problem? Handtellergroße Spinnen an der Wand? Deren Augen leuchten, wenn man sie fotografiert! Eine Ratte, die Seife aus dem Bad frisst? Och, ich wusste gar nicht, dass denen das schmeckt! Cicaks (kleine Gekkos), die von der Decke aufs Essen machen – kann man ja mit einem Papiertuch wegwischen. Käfer, so groß wie Autoschlüssel, die einem vor die Stirn fliegen – an große Gekkos verfüttern!

Heute was Neues: Eine Schlange fiel aus einem Besucher. Ich behaupte, dass sie aus dem Besucher fiel, der allerdings meint, sie fiel vom Stuhl, auf dem er sich niederlassen wollte. Im Büro. Ich sah das Ganze aus dem Augenwinkeln und starrte fasziniert hin. Die Schlange, eher ein Schlängchen, dünn wie ein Bleistift und in etwa auch so lang, kroch über die Fliesen. „Tritt drauf“, rief man mir zu, ansatzpanisch vom Stuhl aufspringend. Ich sammelte das Tierchen mit einer leeren Maskenbox ein, ein Blatt unterschiebend, wie man das zuhause mit Wespen macht, und trug es hinaus in die Freiheit.

Das ist so was wie ein Ablasshandel, um wegen meines rigorosen Ameisenauslöschens nicht verdammt zu werden. Denn vermutlich habe ich inzwischen eine komplette Ameisenpopulation verspeist. Im Tee ertränkt, unter Reis erstickt, zwischen Früchten zerquetscht. Oder auch nur so auf der Gabel liegend, man ist da wenig pingelig irgendwann. Warum wegwischen, was ohnehin nicht zu schmecken ist?